Mobility as a Service bei der BVG
Die Angebote für individuelle Mobilität – neben dem eigenen Auto – werden immer vielfältiger: geteilte Kickscooter und e-Bikes, Carsharing, Ridesharing mit Sammeltaxi oder Ridehailing mit Taxis oder Fahrdiensten. Im besten Fall ergänzen diese Dienste den Fuß- und Radverkehr und vor allem den klassischen Linienverkehr im ÖPNV. Wie sich die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) im Ökosystem des sog. Mobility as a Service (MaaS) einordnen, haben wir am 19. Januar 2024 mit Klaus Emmerich, Leiter Angebot bei der BVG, im Rahmen der Frühstücksdebatte Intelligente Mobilität von UVB und eMO diskutiert.
Ohne „den anderen“ geht’s nicht
Obwohl das Kerngeschäft auch zukünftig auf U-Bahn und Straßenbahn liegen wird, ist die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger notwendig, um den Mobilitätsbedürfnissen der Berliner:innen bestmöglich gerecht zu werden. Im Rahmen der Jelbi-Plattform arbeitet die BVG daher eng mit verschiedenen Anbietern geteilter Mobilität zusammen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Fast 200 Jelbi-Standorte zählt die Stadt mittlerweile. 800.000-mal wurde die App bereits heruntergeladen. Nutzer:innen können zwischen 13 Mobilitätsanbietern wählen. Und bis zu 70.000 Fahrzeuge sind in die Plattform integriert, welche zu über 80 Prozent emissionsfrei/elektrisch unterwegs sind.
Mit der zunehmenden Sichtbarkeit der Jelbi-Stationen steigt auch die Verlässlichkeit des Angebots und ein Gefühl der Sicherheit bei den Nutzenden. Denn je sicherer sich diese sein können, das präferierte Sharing-Vehikel am Wunschort vorzufinden, umso wahrscheinlicher ist es, dass diese das Angebot erneut nutzen. MaaS-Angebote bieten somit immer häufiger eine „Mobilitätsgarantie“, welche bisweilen von vielen Auto-Besitzer:innen nur im eigenen Fahrzeug gesehen wurde. Perspektivisch kann dies bedeuten, dass der eigene Pkw obsolet wird.
MaaS - das bessere Auto. Nicht der bessere ÖPNV.
47 Prozent aller Pkw-Fahrten sind Fahrten unter 5 km; bei rund 70 Prozent aller Pkw-Fahrten liegen Start oder Zielort über 500 Meter von der nächsten U- oder S-Bahnstation entfernt. MaaS-Angebote können sich demnach vor allem für kurze Wege und die Überbrückung der letzten Meile als hilfreich erweisen. Aktuelle Zahlen belegen zudem, dass die ÖV-Nutzung abends, nach 20 Uhr, erheblich abnimmt und der Pkw als präferiertes Verkehrsmittel gewählt wird. Folglich können auch Spätverkehre z.B. durch Carsharing-Angebote abgedeckt werden.
Zwar stellt MaaS eine nützliche Ergänzung des ÖPNV dar, es wird diesen allerdings nicht ersetzen, davon ist Klaus Emmerich überzeugt. Private Pkw hingegen können aus Sicht des BVG-Angebotschefs insbesondere im urbanen Raum gut durch Sharing-Angebote ersetzt werden. Obwohl die Pkw-Besitzquote in den Außenbezirken signifikant höher ist, sieht Emmerich in den Mobilitätsdienstleistungen vor allem Vorteile für den innerstädtischen Raum. Denn entscheidend sei, die Pkw-Zahl pro Fläche zu betrachten; diese ist in Innenstadtnähe aufgrund der hohen Einwohnerdichte besonders hoch und müsse reduziert werden. Sharing aller Art sei dort eine vielversprechende Ergänzung zum ÖPNV und eine echte Alternative zum eigenen Auto.
Jelbi-Budget: Mitarbeitenden-Benefit und Beitrag zum Klimaschutz
Auch Unternehmen können zur Reduzierung des privaten Pkw-Besitzes beitragen, denn ein eigener Dienstwagen ist für viele Mitarbeitende nicht mehr zeitgemäß und erstrebenswert. Viel mehr schätzen diese flexible und umweltschonende Formen der Fortbewegung. Mobilitätsbudgets setzen hier an. Die BVG bietet künftig mit dem Jelbi-Mobilitätsbudget eine große Mobilitätsauswahl und eine nachhaltige Alternative zum Firmenwagen.
Muva - Auch die BVG kann On-Demand
Mit aktuell rund 10 Fahrzeugen bedient der BVG-eigene Mobilitätsdienst Muva aktuell die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg und bietet als Ergänzung zum klassischen ÖPNV, flexible Fahrten zu U- und S-Bahnstationen an. Der On-Demand-Service soll die Anbindung in weniger erschlossenen Stadtgebieten verbessern. Ein Service, der in (ferner) Zukunft möglicherweise durch autonome Fahrzeuge abgedeckt werden könnte.
Strukturwandel durch Zusammenspiel von ÖPNV und MaaS
Mittelfristig können Mobility-as-a-Service-Angebote einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Pkw-Besitzes beitragen. Während bei Bus und Bahn vor allem engere Taktungen die Attraktivität steigern können, sind es im Bereich MaaS fest etablierte, verlässliche Angebote. Es gilt, ein dauerhaft attraktives Angebot im Zusammenspiel von ÖPNV und neuen Mobilitätslösungen zu schaffen, welches Personen dazu bewegt, ihren Pkw stehen zu lassen oder gar abzuschaffen. Nur so gelingt die Verkehrswende, so Emmerich.